Schwannomatose

Schwannomatose

Was ist Schwannomatose?

Wie der Name schon sagt (ein früherer wenig verwendeter Name war NF3), ist die Schwannomatose durch die Entwicklung mehrerer gutartiger (benigner) Tumore gekennzeichnet, die Schwannome genannt werden. Schwanomme sind Tumore des peripheren Nervensystems, die von den Schwann-Zellen ausgehen, welche die Nervenfasern umhüllen. Etwa einer von 70.000 Menschen ist im Laufe des Lebens davon betroffen. Bis zu einem Drittel der Patienten zeigen eine segmentale Schwannomatose, die auf eine Extremität oder wenige benachbarte Wirbelsäulensegmente beschränkt ist. Eine Hirnnervenbeteiligung ist selten, wenn sie auftritt jedoch am häufigsten am Trigeminusnerv. Zudem können Meningeome (ein gutartiger Hirntumor) und einseitige Vestibularisschwannome (ein Tumor des Vestibularisnervs) auftreten, die klinische Symptomatik überlappt zum großen Teil mit der der NF2, was zu einer Fehldiagnose in mindestens 9 % der Fälle führt.

Differentialdiagnostisch kann eine Schwannomatose durch das Fehlen bilateraler vestibulärer Schwannome (d.h. Schwannome, die beide Hörnerven betreffen) von einer NF2 unterschieden werden. Die Symptome beginnen typischerweise nach dem 30. Lebensjahr. Charakteristisch sind neuropathische Schmerzen, die in der Regel in keinem Verhältnis zur Größe der Tumore stehen. Die Intensität und Frequenz der Schmerzen kann individuell sehr unterschiedlich sein und die Betroffenen in ihrer Lebensführung sowie –qualität stark einschränken.

Was verursacht Schwannomatose?

Genetische Veränderungen in SMARCB1 und LZTR1 können eine Schwannomatose verursachen. Es wird angenommen, dass die von beiden Genen produzierten Proteine als Tumorsuppressor wirken, die normalerweise verhindern, dass Zellen zu schnell oder unkontrolliert wachsen und sich teilen. Veränderungen in einem dieser Gene können dazu führen, dass Zellen unkontrolliert wachsen und sich teilen und somit zur Tumorentstehung führen. SMARCB1 und LZTR1 befinden sich auf Chromosom 22q, in der Nähe des NF2-Gens. Meningeome treten in der Regel bei der SMARCB1-assoziierten Schwannomatose auf, während für die LZTR1-assoziierten Schwannomatose einseitige vestibuläre Schwannome typisch sind. Jedoch kann nicht bei allen betroffenen Personen eine entsprechende genetische Veränderung gefunden werden, zudem können weitere Gene ursächlich für die Erkrankung sein, die derzeit noch nicht bekannt sind.

Wie wird die Schwannomatose vererbt?

Die Genetik der Schwannomatose ist komplex und bisher noch nicht vollständig verstanden. Studien deuten darauf hin, dass 15 bis 25 Prozent der Schwannomatose-Fälle familiär auftreten. Diese familiären Fälle folgen einem autosomal-dominanten Vererbungsmuster, d.h. dass bereits eine veränderte Genkopie des SMARCB1- oder LZTR1-Gens in der Zelle zu einem erhöhten Risiko für die Entstehung von Schwannomen führt. Jedoch entwickeln nicht alle Menschen mit dieser Genveränderung Tumorerkrankungen, was als sog. Verminderte Penetranz bezeichnet wird. Neumutationen machen ca. 30 % der LZTR1-assoziierten und ca. 10 % der SMARCB1-assoziierten Schwannomatose aus. Aus nicht bekannten Gründen ist das familiäre Vorkommen eher selten.

Welche Vorsorgemöglichkeiten gibt es?

Das allgemeine Vorgehen beinhaltet die klinische Beobachtung mit jährlicher Bildgebung von intrakraniellen und spinalen Tumoren, da diese ggf. zu einer Kompression des Rückenmarks führen können. Eine Operation ist bei Schwannomen indiziert, die mit unkontrollierbaren, lokalisierten Schmerzen oder neurologischen Defiziten einhergehen. Es ist wichtig, dass die Operation in Verbindung mit einer laufenden pharmakologischen Schmerzbehandlung durchgeführt wird, da eine Schmerzlinderung nach einer Tumorresektion nicht zwangsläufig gewährleistet ist. Starke Schmerzen bleiben das primäre klinische Problem und erfordern einen umfassenden, multimodalen Ansatz zur Schmerztherapie unter Anleitung eines entsprechend spezialisierten Schmerztherapeuten. Bei Angstzuständen und/oder Depressionen kann eine Überweisung an Spezialisten für psychische Gesundheit erforderlich sein. Die Behandlung von Meningeomen entspricht der von sporadischen Meningeomen. Insbesondere bei Personen mit einer pathogenen Variante von SMARCB1 können die gutartigen (benigne) Tumore im Verlauf entarten (maligne).

 

Leitlinien für die klinische Praxis

Geschrieben von ERN GENTURIS

Klinische Praxisleitlinie - Schwannomatose

 

Unterstützt von ERN GENTURIS*

Aktualisierte diagnostische Kriterien und Nomenklatur für Neurofibromatose Typ 2 und Schwannomatose: Eine internationale Konsensempfehlung

* ERN GENTURIS nutzt AGREE II als Instrument zur Bestätigung von Leitlinien. Die Qualität der Leitlinie wird durch die Bewertung der Gründlichkeit und Transparenz des Leitlinienentwicklungsprozesses bewertet. Der Inhalt der Leitlinie wird nicht bewertet, obwohl die Auswahl der Leitlinie für die Anerkennung eine Expertenmeinung für den Nutzen des Inhalts der Leitlinie beinhaltet.

 

Klinische Versorgung

Versorgungspfad - Schwannomatose (SCWN)

 

Patientenreise

Patientenreise - Schwannomatose